Windelfrei ist wohl ein Trendbegriff auf den viele (werdende) Eltern heute treffen. Was sich dahinter verbirgt, warum windelfrei nicht ohne Windel bedeutet und warum eigentlich die meisten Babys der Welt windelfrei sind, erkläre ich dir heute.
Alltagsgeschichte hat mich damals als Geschichtsstudentin schon immer fasziniert und stellt man sich Babys von früher vor, kommt einem fast automatisch die Frage: Hatten diese Windeln und aus was bestanden diese?
In kälteren Regionen wird eine Art Windel wohl schon seit Jahrtausenden verwendet. Viel darüber wissen wir aus der Forschung leider nicht. Stoffe waren wertvoll und wurden sicherlich nicht extra als Windel verwendet. Wahrscheinlicher sind erst einmal Felle und weichere Naturmaterialien.
Ab dem 18. Jahrhundert sind Windeltechniken für einen kompakten Windelpopo überliefert. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hielten dann die ersten richtigen Stoffwindeln Einzug. Erst in den 1970er- Jahren kam die Wegwerfwindel nach Deutschland und hier, im Osten Deutschlands, wurden auch noch fast alle „Wendekinder“ mit Stoff gewickelt. Ohne Superabsorber und 12 Stunden Trockenheit(?) klappte das Wickeln bei unseren Vorfahren also auch.
Was ist „Windelfrei“?
Das deutsche Wort „Windelfrei“ wird zwar oft verwendet, das englische „elimination communication“ beschreibt es aber besser. Das Kind beschreitet seinen Tag also nicht ohne Windel.
Es geht darum, das Bedürfnis des Kindes nach Ausscheidungen wahrzunehmen. Mit ihm zu kommunizieren und es dabei zu unterstützen, dass es seine Ausscheidungen z. B. durch Abhalten verrichten kann.
Evolutionär betrachtet, ist es ziemlich unvorteilhaft, dass ein Baby in seinen Ausscheidungen liegt. Auch wir Erwachsene würden uns nicht wohlfühlen, wenn es stundenlang untenherum nass wäre.
Bereits nach der Geburt kann ein Baby mit Signalen auf sich aufmerksam machen. Die meisten Babys zeigen somit an, wann sie müssen oder bereits in die Windel gemacht haben. Reagieren wir auf ihr Bedürfnis, werden sie diese Signale auch weiterhin zeigen. Reagieren wir nicht, lernen sie, dass die Ausscheidung in die Windel gemacht wird. Auch das ist vollkommen ok.
Wer „Windelfrei“ ausprobieren möchte, kann im Internet schnell nach Anleitungen und Tipps gucken. Auch die Bücher „Artgerecht„* und „Es geht auch ohne Windel„* empfehle ich Eltern immer.
„Windelfrei“ ist eine tolle Möglichkeit ein Gesprühr für dein Baby und seine Bedürfnisse zu bekommen. Du bist aber keine schlechtere Mutter, wenn du es nicht oder nur teilweise praktizierst.
Meine eigene Erfahrung
Wir nutzen „windelfrei“ seit dem zweiten Kind und konnten es beim dritten Kind erst wirklich umsetzen.
Nicht jedes Kind muss in der Abhalteposition glücklich sein und als dann die Mobilität hinzukam, war die Windel beim zweiten doch attraktiver.
Zum Abhalten verwende ich eine Schüssel oder den Töpfcheneinsatz von IKEA.
Stoffwindeln verwenden wir dennoch dauerhaft als Backup.
Ich habe gute Erfahrung damit gemacht, unsere Kinder nach dem Schlafen und nach dem Tragen abzuhalten. In der Regel ist es nämlich so, dass Babys ihr „Nest“ nicht beschmutzen wollen.
In der Phase, in der unsere Kinder noch nicht mobil waren, haben wir fast jede Ausscheidung abhalten können. Ausgenommen nachts, da war mir der Schlaf immer wichtiger und meine Kinder nach dem Abhalten eher munter. Besonders die Kommunikation für Stuhlgang klappte bei uns immer sehr gut.
Ob Kinder nun durch das Praktizieren von Windelfrei schneller Trockenwerden, möchte ich nicht beurteilen und wenn dann auch nicht als Vorteil hervor heben.
Den großen Vorteil dies auszuprobieren sehe ich an der anderen Art der Verbindung, die zwischen Baby und Erwachsenen passiert:
Du lernst dein Baby besser zu verstehen. Siehst Feinzeichen und Signale, die dich auch auf andere Bedürfnisse deines Babys aufmerksam machen. Ihr werdet also mehr zu einer Einheit.